Hintergrundwissen: das Biomaterial

Die Blutprobe

Nach Durchlaufen der Untersuchungen stellt sich vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Rheinland Studie die Frage: „Was passiert jetzt mit meinen Bioproben, also mit meinem Blut, meinem Urin, dem Stuhl und den Haaren?“ Um diese Fragen zu beantworten erklären wir in der Reihe "Hintergrundwissen: das Biomaterial" die Verarbeitung der verschiedenen Bioproben. Den Start macht in diesem Artikel: die Blutprobe.

In der Rheinland Studie untersuchen wir, wie sich unsere genetische Veranlagung, unsere Lebensbedingungen und unser Lebensstil auf unsere Gesundheit auswirken. Um dies zu ermöglichen werden unter anderem die Blutproben der Teilnehmenden umfassend analysiert. Da alle physiologischen Abläufe im Körper „molekulare Fußabdrücke“ (z.B. in Form von Proteinen oder Fetten, sog. Lipiden) im Blut hinterlassen, gibt uns das menschliche Blut Informationen über zahlreiche Prozesse im Körper. Auch bei der Entstehung altersbedingter und neurodegenerativer Krankheiten entstehen solche Moleküle – diese sind im jungen Alter in sehr geringer Konzentration im Blut zu finden und nehmen mit steigendem Alter tendenziell zu. Eines der Ziele der Rheinland Studie ist es, herauszufinden, welche dieser gering vorhandenen Moleküle ein Indiz für eine bestehende Krankheit sind oder mit einem späterem Krankheitsausbruch in Verbindung gebracht werden können, also als eine Art Prädiktor dienen können. Diese als Indiz dienende Moleküle nennt man auch biologischer Marker oder Biomarker. Die Identifizierung dieser Biomarker trägt dazu bei, potenzielle quantifizierbare Risiken zu ermitteln und die Entwicklung von Krankheiten besser zu verstehen.

Um Biomarker im Blut festzustellen, wird den Teilnehmerinnen und Teilnehmern nüchtern ca. 80 ml Blut – das heißt deutlich weniger als bei einer regulären Blutspende (500 ml) – in verschiedenen Röhrchen abgenommen (siehe Bild rechts). Dass Teilnehmende nüchtern sind ist insofern wichtig, da die Proben so weit wie möglich standardisiert werden sollen. Nur so sind sie vergleichbar und können eine verlässliche Datenbasis bilden. Im Labor wird die Uhrzeit des Bluteingangs dokumentiert und die Blutproben werden wie alle anderen Daten pseudonymisiert, indem sie einen neuen Barcode erhalten. So sind weder Name noch andere personenidentifizierende Daten erkennbar. Nach der Pseudonymisierung wird ein Teil des Bluts direkt an das Uniklinikum Bonn (UKB) gesendet. Dort werden die ersten Werte wie beispielsweise Insulin oder Cholesterin analysiert, welche Teilnehmende gemeinsam mit anderen Untersuchungsergebnissen erhalten können.

Blutröhrchen nach der Blutabnahme bei der Rheinland Studie
Blutröhrchen nach der Blutabnahme bei der Rheinland Studie (Quelle: DZNE/Haagman)

Der andere Teil des Blutes wird direkt nach der Abnahme im Labor der Untersuchungszentren verarbeitet. Dabei wird beispielsweise das Immunsystem untersucht, indem unterschiedliche Zellen im Blut bestimmt (Immunphänotypisierung) oder durch Stimulanzien angeregt (Immunstimulation) werden. Alle durch die Analyse der Blutproben generierten Daten werden daraufhin in die Datenbank der Rheinland Studie hochgeladen. Die hier erwähnten Analysen sind jedoch nicht direkt mit klinischen Tests vergleichbar und liefern keine individuell interpretierbaren Ergebnisse, da keine klinische Referenzwerte existieren. Deshalb können die Werte nicht an Teilnehmende zurückgemeldet werden.

Die Lagerung

Nach den ersten Analysen durch das UKB und das DZNE werden die Blutproben in kleine Portionen aufgeteilt (sog. Aliquots) und bei ‑80°C in Gefrierschränken in den Untersuchungszentren eingefroren. Dies geschieht innerhalb von 1-2 Stunden nach der Entnahme. Die kurze Verarbeitungszeit ist entscheidend, da die Proben so in ihrem bestmöglichen Zustand erhalten bleiben. Je länger die Verzögerungen zwischen Entnahme und Konservierung, desto geringer die Qualität der Blutproben und desto größer der Verlust der kleinen Unterschiede, die bei der Analyse der Blutproben von großer Bedeutung sind. Auch beim Transport der Proben wird darauf geachtet, dass die Temperatur ununterbrochen bei ‑80°C liegt.

Einmal auf dem Venusberg werden die Proben dann bei ‑80°C in Gefrierschränken oder bei ‑180°C in Stickstofftanks mit flüssigem Stickstoff eingelagert (siehe Bilder rechts).  Zukünftig erfolgt die Lagerung der Blutproben jedoch bei mindestens ‑150°C in der neu gebauten Biorepository-Einrichtung in Bonn-Dransdorf. Detaillierte Informationen über diese hochmoderne Einrichtung finden Sie in unserem nächsten Newsletter.

Gefrierschränken (links unten) bei -80°C und in Stickstofftanks (rechts unten und oben) bei -180°C.
Lagerung der Blutproben in Stickstofftanks bei -180°C und Gefrierschränken bei -80°C (Quelle: DZNE/Rudholzer)

Weitere Analysen der Blutproben

Mit Ausnahme der oben genannten Analysen werden die Proben nicht sofort, sondern erst dann analysiert, wenn eine größere Charge, die tausende Proben umfasst, gebildet werden kann. Durch die zeitgleiche Analyse großer Mengen können einerseits unterschiedlichste Forschungsfragen beantwortet werden, andererseits wird auch der sogenannten Batch Effekt minimiert (siehe Kasten).[1]

Die Blutproben werden dann entweder mit Hilfe neuster Technologie vor Ort am DZNE auf dem Venusberg oder von externen Kooperationspartnern analysiert. Hier führen wir beispielsweise genetische Analysen durch, da auch das Erbgut unsere Gesundheit beeinflusst. Durch die Analyse der Blutproben können Biomarker, die mit unserem Erbgut, unseren Lebensgewohnheiten und unserer Gehirngesundheit zusammenhängen, erkannt werden und Aufschluss über die Entwicklung neurodegenerativer und altersbedingter Krankheiten geben.

 

 


[1] Tom, J.A., Reeder, J., Forrest, W.F. et al. Identifying and mitigating batch effects in whole genome sequencing data. BMC Bioinformatics 18, 1 (2017). DOI: 10.1186/s12859-017-1756-z

Erklärung des Batch Effect

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